Love Supreme auf facebook

Bruder Blues

Louisiana Red: Sein letztes Interview

Louisiana Red war einer der letzten aktiven Blues-Musiker aus der Ära von Muddy Waters und John Lee Hooker, dessen Neffe er war. Mit diesen beiden und vielen anderen Blues-Legenden arbeitete der Sänger und Gitarrist, der Zeit seines Lebens über 50 Alben herausbrachte. Der Film „Love Supreme – Sechts Saiten und ein Brett“ zeigt das letzte Interview des Musikers, der Anfang 2012 im Alter von 79 Jahren verstarb. Louisiana Red Louisiana Red, 23.03.1932 - 25.02.2012
Die Fragen stellte Olaf Neumann

Red, als Sie neun Jahre alt waren, wurde Ihr Vater vom Ku-Klux-Klan ermordet. Welche Erinnerungen haben Sie daran?

Louisiana Red: Ich erinnere mich, wie meine Großmutter eines Tages ein Telegramm bekam. Fünf Sterne auf dem Papier bedeuteten, jemand war gestorben. Leroy war tot. Ich weinte und schlug um mich. Sie brachten seine Leiche ins Haus. Ich weiß noch genau, wie ich in den Sarg blickte und fragte: „Schläft Daddy“? Meine Großmutter erklärte mir, dass er nie wieder aufwachen würde. Das war hart für einen kleinen Jungen und ich schwor mir: Wenn ich groß bin, werde ich etwas aus mir machen. Und so denke ich heute noch.

Was war Ihr musikalisches Erweckungserlebnis?

Louisiana Red: In den späten 40ern brachte mein Halbbruder eine Platte mit nach Hause. Solch eine elektrifizierende Musik hatte ich noch nie gehört. Es war Muddy Waters. Damals konnte ich nicht ahnen, dass ich ihm später mal begegnen sollte. Die Platte hieß „Later In The Evening“ und war bei Aristocat erschienen, dem Vorläufer von Chess Records. Sie animierte mich, selbst Bottleneck-Gitarre zu spielen. Später bekam ich die Chance, mit Leonard Chess in Chicago zu sprechen. Dort traf ich auch auf Muddy Waters. Er holte mich zu sich auf die Bühne. Ich war so nervös, dass ich auf der Stelle alles vergaß, was ich gelernt hatte. Da waren auch Jimmy Rogers und Little Walter, am Schlagzeug saß S.P. Leary und am Piano Otis Spann. Später produzierte Leonard Chess eine Platte mit uns.

Der große John Lee Hooker war Ihr Onkel.

Louisiana Red: Als ich jung war, heiratete er meine Tante Maude. Damals arbeitete ich in einer Autofabrik in Michigan. Später durfte ich mit Onkel John eine Platte aufnehmen, sie hieß „Down South Blues“. In den 50ern wollte ich so spielen wie Lightnin‘ Hopkins: Eine Mischung aus Texas-style und Chicago-style. Der größte Gitarrist von allen ist jedoch B.B. King. Als Teenager bin ich ihm immer nachgereist. Eines Tages kam er nach Pittsburg mit seiner weißen Gibson und seinem 1945er Plymouth. In dieser Nacht bat ich ihn: „Mr. B.B., können Sie mir Ihren Vibrato-Stil beibringen?“ Er gab mir dann persönliche Gitarrenstunden.

Wann war Ihr Durchbruch?

Louisiana Red: 1961 kam ich nach New York, um bei Roulette Records zu unterschreiben. Die Heimat der Blues-Stars. Sie boten mir einen Zehnjahresvertrag an, mit Option auf Verlängerung. Ich wusste nicht, was das bedeutet, aber das Angebot war verlockend. Meine Platte “Low Down Black Porch Blues” ist noch im selben Jahr erschienen, aber Geld habe ich dafür nie bekommen. So sind die Plattenfirmen halt.

Sie leben seit 30 Jahren in Hannover. Wie ist es Ihnen hier ergangen?

Louisiana Red: Hier konnte ich auf einmal von der Musik leben. Meine deutsche Plattenfirma hat dafür gesorgt, dass ich letztes Jahr in Memphis zwei Blues-Awards bekam. Ich war so aufgeregt, dass ich fast von Louisiana Red Louisiana Red mit seiner Gitarre der Bühne gefallen wäre. Ich will jetzt versuchen, in Amerika Fuß zu fassen. Aber in Deutschland werde ich immer bleiben. Bei Konzerten erzähle ich den Leuten, wie gut euer Land zu mir war.

Was hat Sie ausgerechnet nach Hannover verschlagen?

Louisiana Red: Das habe ich Champion Jack Dupree zu verdanken. 1981 spielte ich auf einem Bluesfestival in Skandinavien. Dort traf ich ihn. Wir sind dann zusammen nach Hannover gefahren und er besorgte mir eine Wohnung in seinem Haus. Ich hatte überhaupt kein Geld. Aber jetzt wohne ich schon so lange hier. Hannover, Deutschland, ist der beste Ort von der Welt. Ich vermisse die Staaten nicht. Dort mache ich Urlaub, spiele Konzerte oder besuche meine Enkelkinder.